29. Januar 2017

Martin Schulz - Gabriels Wahl



Alle gratulieren der SPD zu Martin Schulz als Kanzlerkandidaten 2017. Man kann kaum anders, als dem zuzustimmen. Zumindest wenn man die Alternativen betrachtet: Der Profi Steinmeier, dem das Charisma fehlt. Leider, sagt doch eine amerikanische Weisheit, man solle immer jenen Kandidaten wählen, mit dem man kein Bier trinken gehen wolle. Der SPD-Chef Gabriel, der durch TTIP bei den Linken und der Mitte verbraucht ist. Kein Wunder, dass er Trump nicht mag, hat der doch mit einem Federstrich vom Tisch gefegt, wofür der polternde Sigi seine Reputation opferte. Kanzlerin Merkel, die in selbstgerechter Beratungsresistenz den Interessen ihrer Bevölkerung Entschwebte. Sollte sie die Ergebnisse der Meinungsforschungsinstitute als Grundlage ihrer erneuten Kandidatur genommen haben? Das wäre erneut eine fatale Fehleinschätzung. Damit wird sie das - ohnehin geschenkte - gütige Urteil der Geschichte endgültig verspielen.

Dagegen der Mann, der absoluter EU-Profi ist, ohne sich dabei je mit bundesdeutscher Parteipolitik befleckt zu haben. Er hat Glück, dass für uns Wähler Brüssel so weit weg ist. Schulz ist obwohl Polit-Profi, kein bundesdeutsches Establishment. Und er wirkt wie ein bürgerlicher Musterschüler.
Das werden die Medien zu schätzen wissen. Schulz verspricht nämlich Story Telling: Geläuterter Alkoholiker. Sprachtalent. Und vor allem: Ein unbeschriebenes Blatt. Also jemand, über den man viel berichten kann und wird. So spannend, dass das "Deutschlandradio" bereits Menschen aus Würselen befragte, wie Schulz denn so als Buchhändler gewesen sei. Mein Tipp deshalb: Er sollte sich so lange wie möglich bedeckt halten. Sich noch etwas Spannendes für die entscheidenden Wahlkampfwochen aufbewahren. Diese Disziplin ist ihm vielleicht zuzutrauen. Sein Umgang mit den Medien ist meinem Wissen nach tatsächlich sehr professionell. Ich kenne einige Journalisten, die Martin Schulz bei Interviews und Sendungen zu Gast hatten. Er soll äußerst angenehm und geduldig gewesen sein.
Hat die SPD von den USA und dem Clinton-Debakel gelernt? Einer frustrierten und stocksauren Bevölkerung eine Establishment-Politikerin mit dem üblen Beigeschmack von Vetternwirtschaft und Korruption vorzusetzen, war nicht sonderlich clever. Hierzulande sind auch Viele sauer, deutlich mehr als die Wahlprognosen jetzt anzeigen fürchte ich. Zwar war Martin Schulz als EU-Parlamentspräsident auch an allem beteiligt. An Bankenrettung und dem totalen Versagen der EU in der Flüchtlingskrise. Aber eben nur faktisch, und nicht post-faktisch. Sollte es ihm gelingen, sich vom Populismus fernzuhalten, werden wir eine müde unglaubwürdige Kanzlerin sehen, die einem Mann der sozialen Mitte gegenübersteht. Ein von Emotionen aufgeheizter Wahlkampf erwartet uns - ohne emotionale Beteiligung der Spitzenkandidaten. Davon könnte Schulz profitieren. Aber der Sturm der Weltgeschichte erzeugt Wellen, die alle Schiffe zerschellen kann. Man weiß jetzt wer kommt, aber nicht was.

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